Und das Alltags-Karussell zieht weiter seine Kreise. Als sich tatsächlich mal ein Maler einstellt, der sein Messgerät unter rieselndem Putz in Wände und Decken rammt, wird die sensationelle Überraschung verkündet: „Ist ja alles klitschnass hier.“ Ach was?! „Da werden wohl irgendwie Trockengeräte geschickt“, lautet die konkrete Ansage und ich sehe mich in meinem Kopfkino bereits durchdrehen, weil es aus zwei Räumen nonstop vor sich hin brummt. Aber was soll man machen. Die einzige Alternative wäre, diese marode Bude vielleicht mal zu renovieren. Nur müsste ich dafür ja endlich ausziehen – warten bestimmt alle drauf und schließen Wetten ab, wann ich komplett durchdrehe.
Sonntag ist es fast soweit: Nach einem bibbernden Tagesstart stelle ich die Heizung höher und begrüße zunächst meine willkommene Ausrede, länger im Bett zu bleiben. Aber es wird nicht wärmer. Kann auch nicht. Die Heizkörper sind allesamt ausgefallen. Selbstverständlich passiert das nicht an einem Werktag, ist ja völlig logisch und natürlich ist ein verregneter Herbsttag in Hamburg das ultimativ beste Timing. Sollten wir einen Hausmeister haben, befindet er sich gerade im Zeugenschutzprogramm oder so. Es gibt jedenfalls keine Nummer, die man anrufen könnte. Immerhin fühlt sich der Feiertag ausnahmsweise mal länger an als sonst.
Meine Nachbarin ist schon sattelfest im Training, da ihre Abflussleitung immer noch Thema ist und will den Anruf bei der Genossenschaft am nächsten Tag übernehmen. Als sie mir am Montagmorgen eine Nachricht schickt, lugt mein Kopf nur halb unter der Decke hervor und ich lese mit einem Auge: „Bist du wach?“ Puh, wäre übertrieben, aber mit einem Finger sende ich ein Lebenszeichen. „Der Installateur kommt zu dir runter!“ Gerade hämmere ich noch hektisch ein „Neeeeeiiiiin!“ ins Handy da schrillt meine Wohnungstürklingel aus der Hölle – kein Scherz, meine Altbauwohnung hat noch so eine richtig alte Schelle, die Tote aufweckt. Ich gerate kurz in Panik, weil ich ganz schnell etwas zum Anziehen brauche und wanke mit Krallgriff um den Morgenmantel zur Tür. Es ist dunkel, kalt, verdammt früh und meine Reaktion beim Blick durch den Türspalt entsprechend frostig: „Is nich Ihr Ernst!?“ motz ich den Handwerker an, der unbeeindruckt an mir vorbei ins Bad marschiert. „Aha“, kommentiert er seine Mission „Hier läuft also kein Wasser mehr die Decke runter.“ Ja, soweit waren wir schon. Und ja, die Küche sieht auch scheiße aus, willkommen in meinem Leben. Seine Ansage: „Ich dachte, hier wäre längst was gemacht worden!“ perfektioniert meine Hochstimmung. Soll ich die Wunde aufhalten? Dann fließt das Klugscheißer-Salz viel besser in die Tiefe!
Mal ehrlich: Wer von euch hat anfänglich noch gedacht, der gute Mensch könnte wegen der kaputten Heizung da sein? Ich keine Sekunde. Gelernte Erfahrung. Zieh ein bisschen Logik ab und pack ein paar Menschen mit verzögertem Reaktionsvermögen hinzu: Tadaaa, meine Wohnungsgenossenschaft!
Das Wunder meldet sich heute Morgen am Telefon: „Schönen Guten Tag, wir sollen bei Ihnen messen, ob die Wände feucht sind.“ Ich kann nicht anders: „Ob? Sie haben Humor!“ Aber immerhin – nur zwei Wochen nach der triefenden Schmodder-Überraschung kommt jemand, um die aufgedunsene Wand und das hellbraune Deckenkunstwerk abschließend zu begutachten. Sicher ist sicher. Die drei letzten Kandidaten könnten ja von Geschlechtertheorien, Staubsaugerbeuteln und Morgenmänteln abgelenkt worden sein. Ich verstehe das.
Die gute Nachricht: Meine Heizung geht wieder! Kleine Freuden beleben den Feierabend. 😉